Kinder Outdoor Ausrüstung hat ein Problem: Die Kleinen wachsen. Nach einem halben Jahr ist die gute Zweilagenjacke für die jungen Outdoorer plötzlich zu klein. Wann lohnt es sich in neue, teuere Ausrüstung zu investieren und wo lässst sich sinnvoll sparen?
Manche Eltern schauen seltsam drein, wenn sie ein Kind sehen, dass in Jeans wandert. Nur Rabeneltern sparen sich das Geld für eine wunderbare Funktionshose, die sogar Himalaya tauglich ist.. Unbestreitbar ist, die Kinder brauchen zum Bergsteigen eine gute Ausrüstung. Fragt sich nur, wo die Grenzen sind und wann es sinnvoll ist Geld dafür zu investieren. „Ein Bergschuh muss nicht gut aussehen, sondern passen!“ meint der Verkäufer abschließend ein. Lange hat er mit einem Mädchen im Grundschulalter über die Farbe von einem Bergschuh diskutiert. Mit Turnschuhen oder Outdoor-Sandalen in den Bergen zu wandern, das geht gar nicht. Mittlerweile haben die meisten Eltern diese Tatsache kapiert und verinnerlicht. Doch wenn es um die Ausrüstung für den Nachwuchs geht, dann gibt es zwei Extreme: Die einen Eltern statten ihre Kinder mit den neuesten Dreilagen-Jacken aus, um dann im Chiemgau auf eine Alm zu wandern oder mit der Seilbahn auf einen Panoramaweg hoch zu gondeln. Für diese Investitionen haben sie ein gutes Argument: Das Kind hat nur mit hochwertiger Ausrüstung in den Bergen Spaß. Ganz anders verhalten sich die Wiederverwerter: Sie ziehen den Kindern Bergschuhe von den älteren Geschwistern an. Regenjacken oder Rucksäcke für den Nachwuchs kaufen sie auf Flohmärkten und über Auktionsplattformen im Internet. Eine bekannte deutsche Bergsteigerin, Alix von Melle, versucht die Motivation dieser sparenden Eltern nachzuvollziehen:“ Vermutlich scheuen sie die Ausgaben, denn viele Ausrüstungsgestenstände kann man aufgrund des relativ schnellen Größenwachstums der Kinder nur für eine begrenzte Zeit nutzen. Gerade beim Bergsteigen kann das einerseits gefährliche Folgen haben: Die Verletzungsgefahr steigt, wenn Kinder nicht optimal passende Ausrüstung benutzen. Andererseits ist die Gefahr groß, dass die Kinder den Spaß am Bergsteigen verlieren – und damit die gesamte Familie schöne, gemeinsam verbrachte Stunden.“
Erst nachdenken, dann kaufen!
Wie bei allen Extremen ist es sinnvoll einen Mittelweg zu nehmen. Viele Eltern tun sich schwer zu entscheiden, ob sie Wanderkleidung wiederverwenden sollen oder neue kaufen. Hier gilt es immer zu überlegen: Was unternehmen die Kinder in den Bergen? Wandern wir gemütlich zu einer urigen Alm oder kraxelt die Familie einen Klettersteig hoch? Wie unproblematisch es ist, mit einer Jeans in den Bergen unterwegs zu sein, bewies 1978 Bernd Kullmann, der spätere Geschäftsführer von Deuter. Mit einer Jeans bekleidet bestieg der damals 24 Jährige erfolgreich den Mount Everest. 100% Baumwolle auf 8.848 Metern Höhe. Seitdem hat sich bei der Outdoorkleidung einiges getan. Heute bestehen die Trekkinghosen für Kinder aus Mischgeweben. Dadurch trocknet das Material schneller, der Schweiß gelangt nach außen und die Hosen sind flexibler. Doch wenn ein Kind, sich in einer Jeans wohlfühlt und die geplante Bergtour weniger anstrengend ist, dann kann der Nachwuchsalpinist auch in seiner Alltagshose wandern. Ganz anders verhält es sich bei den Bergschuhen. Wenn diese der großen Schwester oder dem älteren Bruder gepasst haben, heißt es noch lange nicht, dass sich auch die jüngeren Geschwister darin wohlfühlen. Schließlich hat jeder Mensch individuell geformte Füße. Außerdem sind die „vererbten“ Bergschuhe abgenutzt. „Bergschuhe, Schlafsack und Rucksack müssen passen. In einen der drei Dinge steckst Du immer!“ meinte ein Ausbilder der Gebirgsjäger. Welcher Erwachsene zieht freiwillig ein Paar Bergschuhe an, dass zwei Nummer zu groß ist und geht damit auf Tour? Von den Kindern erwarten es aber manche Eltern. Gut ein Drittel, oder wahrscheinlich sogar mehr, Kinder sind mit zu großen Schuhen unterwegs. „Dann ziehst Du eben zwei Paar Socken zusätzlich an!“ ist früher der Rat mancher Eltern gewesen, wenn den Kindern die Bergschuhe deutlich zu groß gewesen sind. Unter Umständen erinnern sich die Kinder ein Leben lang an die unpassenden Schuhe, denn diese können die Füße schädigen und zu Gelenkproblemen führen. “Eltern wollen Ausrüstung gerne auf Zuwachs kaufen, am besten sollen die Schuhe für die nächsten Jahre halten. Die Kinderfüße wachsen im Durchschnitt zwei Größen pro Jahr.
Deswegen muss man den idealen Kompromiss zwischen passendem Schuh und Zuwachsmöglichkeit finden. Bei VAUDE Kinderschuhen kann man an der Best Fit-Einlagesohle die optimale Größe ablesen. Bei Wanderschuhen sollte man für Kinder sowieso etwas größere Schuhe einplanen, so wie bei den Erwachsenen auch: Der Fuß rutscht im Schuh beim Bergabgehen minimal nach vorne – so können bei einem zu kleinen Schuh schmerzhafte Prellungen an den Zehen auftreten.“ so Benedikt Tröster vom DAV Partner VAUDE. Ein Problem sind bei manchen Herstellern die Größenangaben auf den Schuhschachteln. Diese weichen von den tatsächlichen Maßen der Kinderschuhe ab. Auch verändert sich ein Kinderfuß mit den Jahren. Ein schmaler Fuß kann plötzlich breiter ausfallen und das Kind benötigt einen Bergschuh von einem anderen Hersteller, dessen Leisten optimaler passt. Deshalb ist es wichtig in einem Fachgeschäft die Bergschuhe für die kleinen Alpinisten zu kaufen. Am besten etwas mehr Zeit einplanen und in Ruhe den optimalen Bergschuh fürs Kind finden.
Mit Sicherheit: Klettergurte für Kinder
Spezielle Klettergurte für Kinder sind kein Luxus. Leider haben manche Kletterer Probleme damit altes Material auszusondern. Das gilt auch bei manchem Klettergurt. Beim DAV gilt die Faustregel: Fünf Jahre lagern und fünf Jahre im Gebrauch, dann muss ein Neuer her. Ist der Gurt beschädigt oder steckte er einige schwere Stürze weg, dann gehört er noch früher in die Tonne. Trotzdem geben manche kletterbegeisterten Eltern, die alten Gurte an die Kinder weiter. Ein unkalkulierbares Risiko. Bei einem Sturz besteht die Gefahr, dass Kinder aus dem viel zu großen Erwachsenengurt herausrutschen. Mittlerweile gilt die Ausrede nicht mehr, dass es keine Klettergurte für die Kinder zu kaufen gibt. Die Kinderklettergurte unterscheiden sich in einigen Merkmalen wesentlich von denen der Erwachsenen. Ein solcher Gurt ist auf die besondere Anatomie der Kinder zugeschnitten. Das zeigt sich auch bei den Gurtbändern. Manche davon sind auffällig schmal und am Hüftgurt bringen manche Hersteller ein Gurtband an, das rotiert. Dadurch lässt sich der Anseilpunkt bei einem Kinderklettergurt perfekt zentrieren.
Für weitere Sicherheit am Felsen sorgen Rücklaufschnallen. Diese Gurtschnallen sind so konstruiert, dass sie sich selbst blockieren und ein Ausfädeln verhindern. Beim manchen Komplettgurten für Kinder sind die Beinschlaufen speziell gepolstert und zusätzliche Sicherungsschleifen an der Brust angebracht. So sind die kleinen Kletterer optimal gesichert und besser im Felsen unterwegs, als mit Papas alten Klettergurt aus der Studentenzeit. Alix von Melle rät:“ Klettergurte müssen nicht nur in der Länge passen, sondern auch in der Weite – da kann man nicht nur von Alter oder Gewicht des Kindes ausgehen. Am besten probiert man Klettergurte in einer Hängevorrichtung aus, um den exakten Sitz und den Tragekomfort zu überprüfen.“ Auch Kletterhelme haben nicht die Garantie für das ewige Leben. Durch die UV Strahlung, Temperaturschwankungen und andere Umwelteinflüsse verliert das Material an Festigkeit. Außerdem lassen sich wenige Kletterhelme so einstellen, um nicht dauernd den Kindern ins Gesicht oder Genick rutschen. Ein weiteres Problem sind die Klettersteigsets. „Durch das leichtere Gewicht eines Kindes löst bei einem – ursprünglich für Erwachsene konzipierten – Klettersteigset der Falldämpfer nicht aus,“ so die Nanga Parbat Bezwingerin Alix von Melle. Deshalb ist es ratsam die Kinder mit einem entsprechenden Bandfalldämpfer auszurüsten. Die Experten vom DAV oder der örtliche Fachhandel helfen bei Fragen dazu weiter.
Rucksack und Regenjacken: (k)ein Grund zum Sparen?
Während manche Erwachsenen jeden Tag mit der Mount Everest tauglichen Drei Lagen Jacke in der Innenstadt oder auf dem Weg vom Auto ins Büro zur unterwegs sind, müssen einige Kinder mit abgetragenen und undichten Regenjacken auskommen. „Viele Leute sagen, Kinder brauchen keine atmungsaktiven Materialien in ihrer Outdoor-Ausrüstung. Ich denke, das ist eine sehr seltsame und zynische Betrachtungsweise über die aktivste Bevölkerungsschicht auf diesem Planeten. Unsere Kinder verbringen den größten Teil ihrer täglichen Zeit nach dem Kindergarten der Vorschule im Freien. Jeder Erwachsene der versucht draußen körperlich aktiv zu sein, ohne atmungsaktive Kleidung anzuhaben, weiß dass es fast unmöglich ist,“ meint Maria Frykman Forsberg, Gründerin der Kinderoutdoor-Marke Isbjörn of Sweden und weiter „Der Hauptgrund ist, dass Kinder sehr schnell aus der Outdoor-Ausrüstung hinauswachsen. In der Zwischenzeit müssen sie irgendwelchen Plunder anziehen …
Eigentlich ist diese Art der Argumentation sehr kurzfristig und definitiv nicht die beste für die Entwicklung der Kinder. Viele Kinder hassen es im Freien zu sein, und ich bin überzeugt, es kommt daher, weil sie gezwungen sind, nicht so gute Ausrüstung anzuhaben. Sie frieren und schwitzen in ihrer Kleidung. Nass und kalt ist für niemanden inspirierend.“ Ebenso kann ein Rucksack, der für die Kinder zu groß ist, der Grund für nervende Quengelattacken am Berg sein. Hochwertige Kinderrucksäcke oder Outdoorkleidung lassen sich problemlos weitergeben. Wer die Kinder vernünftig ausrüstet, erspart sich Ärger beim Wandern. Durch entsprechende Pflege, wie das regelmäßige imprägnieren der Regenjacken, verlängert sich die Nutzungsdauer der Outdoorkleidung für Kinder. Dem Bergabenteuer steht nichts mehr entgegen. Selbst Skitouren mit Kindern sind möglich, weil es von Contour den speziellen startUp Adapter gibt. So passen auch Kinderschuhe in die Bindung. Und ist die Familie erst am Berg gemeinsam unterwegs, dann gilt für Kinder und Erwachsene die alte Weisheit: „Ein Bergschuh muss nicht gut aussehen, sondern passen!“