Bergführer werden, möchten manche Kinder wenn sie den Urlaub in den Alpen verbracht haben. Seit 50 Jahren gibt es den Verband Deutscher Berg- und Skiführer e.V (VDBS) der auch für die Ausbildung zuständig ist. Wir fragten mit Finn Koch einen begeisterten Alpinisten, der sich derzeit zum Bergführer ausbilden lässt nach seinen Erfahrungen und Gründen für diesen Berufswunsch.
Kinderoutdoor.de Servus Finn. Vor zwanzig Jahren noch gaben viele Buben Polizist, Lokführer und Pilot als Traumberuf an. Heute würden die Kinder wahrscheinlich Youtuber, Influencer oder Blogger angeben. Du möchtest Bergführer werden. Warum taucht der spannende Beruf des Bergführers so gut wie nie bei den Traumberufen auf?
Finn Koch: Grüß Dich Uli. Ich denke ein Grund hierfür ist sicherlich die geographische Lage Deutschlands. Ein großer Teil unseres Landes ist im Vergleich zu Österreich oder der Schweiz nicht direkt mit den Alpen oder anderen alpineren Regionen verbunden. In den besagten Ländern kann ich mir gut vorstellen, dass das ein oder andere Kind den Beruf des Bergführers als sein Traumberuf nennt.
Kinderoutdoor.de Du selbst hast dem DAV Expeditionskader angehört. Eine Voraussetzung um die Ausbildung als Bergführer zu beginnen?
Finn Koch: Ja, ich war von 2016 bis 2018 Mitglied in dieser Nachwuchsförderung des Deutschen Alpenvereins. Es war eine sehr lehrreiche Zeit in der wir kommend von der absoluten Hobbyebene, nach und nach auch die professionelle und kommerzielle Ebene der Berge kennenlernten. Allerdings ist es natürlich keine Voraussetzung Mitglied im Expedkader gewesen zu sein, um die Bergführerausbildung zu absolvieren. Schaden tut es jedoch nicht, wenn man selber ein klettertechnisch hohes Niveau hat um seinen Gästen ein perfektes Bergabenteuer zu ermöglichen. Und immer mehr Gäste klettern auch immer besser, da sollte der Bergführer natürliche mithalten können: Nicht das der Spieß umgedreht wird… 😉
Kinderoutdoor.de Du stammst aus Tübingen in Baden-Württemberg und bist über einem Freund der mit Dir in die Kletterhalle ging zum Bergsport gekommen. Muss ein angehender Bergführer in den Bergen aufgewachsen sein und was ist die Motivation, diesen Beruf zu ergreifen?
Finn Koch: Nein, ich glaube nicht das man dazu in den Bergen aufgewachsen sein muss. Man muss sich dann eher irgendwann sehr bewusst dazu entscheiden diesen Weg zu gehen. Die Bergführerausbildung stellt extrem große Anforderungen an das persönliche Können. Um dieses zu erreichen muss man viel Zeit in den Bergen verbringen. Da kommt dann manchmal ein anderes Hobby oder soziale Kontakte zu kurz. Ein Punkt warum ich mich für diesen Beruf entschieden habe, war natürlich meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Seinen Gästen, die zugleich auch immer mehr zu Freunden werden, ein unvergessliches und vor allem sicheres Bergerlebnis zu ermöglichen, gibt auch einem Bergführer ein super Gefühl.
Kinderoutdoor.de Über den Bergführer heißt es auf der Seite vom VDBS „ Moderne Zehnkämpfer am Berg“ Was muss denn ein solcher Profi alles können?
Finn Koch: Die Grundlage stellen natürlich die technisches Fertigkeiten wie Klettern, Eisklettern, Skifahren etc. dar. In Realität kommt noch die Entertainer Rolle am Abend auf der Hütte und das Berufsbild des Psychologen in den kalten und dunklen Momenten auf einer Tour hinzu. Bevor man überhaupt Richtung Berge starten kann, sollte noch jemand die Hütten buchen, Fahrgemeinschaften bilden und schauen ob die Bergbahnen überhaupt fahren. Sprich Teilzeitkraft im Reisebüro wäre auch nicht schlecht zu sein.Ihr seht schon: Ein wahnsinnig vielseitiger Beruf, in dem man jeden Tag neue Situationen erlebt. Man bleibt jung, das ist sicher.
Kinderoutdoor.de Zu den Aufgaben eines Ski- und Bergführers, dass wissen nur wenige, gehört auch das Führen von Skitouren und Freeriden. Eigentlich ein Beruf, der viele begeisterte junge Skifahrer ansprechen sollte, oder?
Finn Koch: Leider reicht „nur“ gut Skifahrer nicht aus. Die Sommerdisziplinen gehören genauso zu dem Beruf.
Kinderoutdoor.de Was ist die Grundvorraussetzung um eine Ausbildung zum Bergführer zu beginnen?
Finn Koch: Neben dem persönlichen Können wie schon oben erzählt, finde ich auch das Interesse an der Arbeit mit Menschen einen ganz wichtigen Faktor. Die Probleme und Herausforderungen seiner Gäste anzunehmen und angemessen darauf reagieren, ist mindestens genauso wichtig wie die richtige Tour auszusuchen.
Wie lange dauert Deine Ausbildung und wie läuft sie in etwa ab? Musst Du auch viel Theorie lernen oder bist Du hauptsächlich in den Bergen unterwegs?
Finn Koch: Die Ausbildung dauert in etwa 2,5 Jahre. Allerdings nicht Vollzeit, sondern man besucht immer wieder Lehrgänge zu den verschieden Inhalten. Die Lehrgänge finden im ganzen Alpenraum statt. Von den Dolomiten, übers Engadin bis nach Chamonix an den Mont Blanc. Auf den verschieden Lehrgängen gibt es meistens „kleine”, sogenannte Lehrgangsprüfungen und zu jeder Disziplin (Klettern, Ski…) gibt es am Ende eine große Abschlussprüfung in der nochmals alle Inhalte abgefragt werden. Der Spielraum für Fehler ist ziemlich klein, wie später in der Realität dann auch. Diese Lehrgänge finden alle in den Bergen statt. Darüber hinaus werden Themen wie Trainingslehre, Meteorologie, Ökologie etc. in zwei Theorielehrgängen an der Technischen Universität in München unterrichtet.
Kinderoutdoor.de Auszubildende müssen in die Berufsschule. Wohin musst Du als angehender Bergführer?
Finn Koch: Ich muss nirgendwo hin. Ich darf in die Berge… 😉
Kinderoutdoor.de In Patagonien bist Du an der Aguja Mermoz über 20 Seillängen und im VII- Grad geklettert. Kannst Du, was das alpine Klettern angeht, bei Deiner Ausbildung zum Bergführer überhaupt etwas Neues lernen?
Finn Koch: Auf jeden Fall. Das persönliche Können jedes einzelnen und ein guter Bergführer zu sein sind absolut zwei Paar Stiefel. Um als Bergführer erfolgreich unterwegs zu sein braucht man vielmehr diesen „Rund-Rum-Blick“ und muss Probleme schon erkennen bevor diese offensichtlich auftreten. Um ein Beispiel zu geben: Eine kurze Trinkpause einlegen, bevor der erste in der Gruppe Durst bekommt und sein Verlangen nach Trinken äußert.
Kinderoutdoor.de Möchtest Du später hauptberuflich als Bergführer arbeiten?
Finn Koch: Kurz- und mittelfristig auf jeden Fall. Auf ganz lange Sicht gesehen weiß ich das noch nicht genau. Ich hab im Hinterkopf mir irgend ein zweites Standbein abseits der Berge aufzubauen… Wer weiß was kommt?!
Kinderoutdoor.de Dieser Winter mit seinen Unmengen an Schnee und den Lawinen hat gezeigt, wie unberechenbar die Situation in den Bergen oft ist. Als Bergführer bist Du auch einmal „Risikomanager“ für Deine Kunden. Wie versuchst Du die alpinen Gefahren zu minimieren?
Finn Koch: Das ist natürlich DER Hauptbestandteil der Bergführerausbildung. Das geht von Lawinenbeurteilung, über Materialkunde, hin bis zu den psychologischen Faktoren wie man Drucksituationen am besten löst. Unsere Gäste zahlen eine Menge Geld und wollen dann logischerweise auch auf den Gipfel. Aber manchmal geht’s einfach nicht, da kann auch der beste Bergführer nichts machen. Diese Situationen bergen Risiken.
Kinderoutdoor.de Zum Schluss unsere Frage die wir jeden unserer Interviewpartner stellen: Wo sollten Familien unbedingt einmal draußen gewesen sein und warum?
Finn Koch: Naja als „Wahl-Allgäuer“ muss ich jetzt ja fast die familientauglichen Klettersteige im Allgäu nennen. Eben nein, die Berge geben uns eine so vielseitige Spielwiese. Probiert aus, was Euch und Euren Kindern am besten gefällt, habt Spaß und immer Euren Kopf dabei, dann kann’s in den Bergen nur ein schöner Urlaub werden.
Bis bald vielleicht mal.
Kinderoutdoor.de Vielen Dank Finn und wir wünschen Dir weiterhin eine erfolgreiche Ausbildung zum Bergführer!