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Hidden Gämse: Fünf ultimative Tipps für die Stille der Alpen

Ruhe in den Alpen? Das klingt wie Freilandanbau von Ananas in Niedersachsen. Schließlich sind alle Alpentäler mit Betonklötzen, “Hotels” genannt, zugepflastert. So lautet ein Vorurteil. Es gibt wunderbare stille und naturbelassene Orte in den Alpen. Diese gilt es zu entdecken und zu bewarhen. Wir haben fünf ultimative Tipps dafür heute vor.

Abseits der bekannten Gipfel, weit weg von überfüllten Wanderpfaden und Touristenströmen, liegen sie: die verborgenen Schätze der Alpen. Orte, die nicht in jedem Reiseführer stehen, aber genau deswegen unvergessliche Erlebnisse versprechen. Hier finden Wanderer unberührte Pfade, Mountainbiker einsame Trails, und Schneeschuhwanderer einladende Stille. Es sind die kleinen Refugien, pittoreske Seen und stillen Täler, die das Herz der Alpen schlagen lassen – authentisch, ursprünglich und voller Charakter.  

Diese fünf Geheimtipps inmitten grandioser Naturkulissen bieten wahre Abenteuer – fernab vom Offensichtlichen, ganz nah an der Essenz der Berge. Eine handverlesene Auswahl besonderer Orte, die neue Perspektiven eröffnen und unvergessliche Momente schaffen.

Ein Ort der Stille – versteckt hinter imposanten Felswänden lädt das Hochtal Bargis mit unberührter Natur und spektakulären Ausblicken zum Verweilen ein. © Flims Laax/Ammann

Fünf ultimative Tipps für die Stille der Alpen: Ab in die Schweiz

Versteckt hinter den massiven Felswänden des Flimser Bergsturzes liegt es wie ein echter Geheimtipp: das Hochtal Bargis. Auf 1.550 Metern thront dieses alpine Kleinod und zieht Naturliebhaber mit seiner Stille und Ursprünglichkeit in seinen Bann. Hier, wo die Berge Geschichten flüstern und die Zeit langsamer vergeht, finden Wanderer und Wintersportler eine Oase fernab vom Alltag. Im Winter ist das Hochtal ein stilles Refugium für sanfte Wintersportarten wie Langlaufen oder Winterwandern; im Sommer Ausgangspunkt für alles von gemütlichen Spaziergängen bis hin zu Gipfelabenteuern jenseits der 3.000-Meter-Marke. Der Bargis Bus bringt Ruhesuchende von Flims Dorf nach Fidaz  Bargis.  

Tipp: Ein Erlebnis für sich ist der Aufstieg über die in den Felsen gehauene Scala Mola auf den Flimserstein. Der uralte Weg aus dem Jahr 1645 versprüht Geschichte – und eröffnet grandiose Ausblicke. 

Flims Laax bietet viele einsame Gipfel und Wege für Entdecker*innen. foto (c) Laax

Wie viele Prozent der Alpen sind unberührte Natur?

Die genaue Zahl variiert je nach Definition und Quelle, aber allgemein lässt sich sagen, dass ein Großteil der Alpen durch menschliche Eingriffe, wie Infrastruktur (Straßen, Skigebiete, Dörfer) und Landwirtschaft, verändert wurde. Schätzungen gehen davon aus, dass weniger als 30 % der Alpen als „unberührte Natur“ im klassischen Sinne gelten könnten, wobei dies stark von der Region abhängt.

Einige abgelegene Gebirgspartien, besonders in höheren Lagen oder in schwer zugänglichen Gebieten, sind noch relativ unberührt, aber auch dort sind Spuren menschlicher Aktivitäten nicht immer vollständig auszuschließen. Das Schutzgebietssystem, wie Nationalparks und Naturreservate, spielt eine wichtige Rolle, um die natürliche Vielfalt zu bewahren, aber auch diese Flächen sind nicht vollkommen frei von Eingriffen.

Der Zusammenstoss der beiden Kontinente Afrika und Europa hat die Alpen aufgetürmt. Dies kann man im UNESCO-Welterbe Tektonikarena Sardona bestaunen. © Florian Johaenntgen

Fünf ultimative Tipps für die Stille der Alpen: Sportliches Lüsental

Wild, abgeschieden und nahezu unberührt – zerklüftete Dreitausender umrahmen das ursprüngliche Lüsenstal, seitlich des Sellraintals in der Region Innsbruck. In diesem abgelegenen Teil der Stubaier Alpen sind die Eingriffe der Zivilisation überschaubar. Keine Bergbahnen und Hotelburgen, dafür Bauernhöfe, Almhütten und viel unberührte Natur. Uralte Zirbenwälder und viel Wild. Der Talschluss zählt zu den malerischsten Tirols und bietet eine Kulisse, die jedes Naturherz höher schlagen lässt. Umso erstaunlicher ist es, dass man im Winter auf den Winterwanderwegen und Loipen fast allein unterwegs ist. Idealer Ausgangspunkt ist der hochgelegene Weiler Praxmar mit dem gleichnamigen Gasthof. Oder der gemütliche Alpengasthof Lüsens auf 1.634 Metern. Im Sommer ist er auch idealer Startpunkt für Panoramawanderungen und Wildbeobachtungen – unter anderem zeigen sich hier Murmeltiere, Gämse und Steinböcke. 

Tipp: Zu den Langlauf-Highlights zählen die Fernerboden-Loipe bis zum Talschluss und die elf Kilometer lange Sportloipe

Das Lüsental ist perfekt für sportliche Entdecker. foto (c) Innsbruck Tourismus / Christian Vorhofer

Was ist das naturbelassenste Tal der Alpen?

Ein besonders naturbelassenes Tal in den Alpen zu finden, ist nicht einfach, da viele Gebirgstäler vom Menschen in irgendeiner Form beeinflusst sind – sei es durch Landwirtschaft, Tourismus oder Infrastruktur. Es gibt jedoch einige Täler, die als besonders unberührt und gut erhalten gelten. Hier sind ein paar Beispiele:

1. Val Roseg (Schweiz)

Das Val Roseg, ein Seitental des Engadins in der Schweiz, wird oft als eines der am besten erhaltenen Täler der Alpen bezeichnet. Es ist ein Tal, das weitgehend frei von modernen Eingriffen ist und dennoch eine beeindruckende alpine Landschaft bietet. Hier gibt es noch eine intakte Flora und Fauna, und das Tal ist überwiegend unberührt. Das Gebiet gehört zu einem Natura 2000-Schutzgebiet und ist ein beliebtes Ziel für Wanderer und Naturfreunde.

2. Val di Funes (Italien)

Das Val di Funes in Südtirol ist ein malerisches Tal, das immer noch viele unberührte Landschaften aufweist. Die Region steht unter einem strengen Naturschutz, was dazu beigetragen hat, dass das Tal weitgehend unberührt geblieben ist. Es ist berühmt für seine charakteristischen Gipfel, wie die Geisler Gruppe, die das Tal umrahmen, und bietet ein Gefühl von Abgeschiedenheit und Wildnis.

3. Tessin (Kanton Tessin, Schweiz)

Obwohl der Kanton Tessin touristisch gut erschlossen ist, gibt es immer noch Täler wie das Val Lavizzara oder Val Maggia, die relativ naturbelassen und wenig besucht sind. Diese Täler sind bekannt für ihre atemberaubende Natur, wilden Bäche, und abgelegene Dörfer.

4. Val Grande (Italien)

Das Val Grande im Piemont ist eines der größten Wildschutzgebiete Italiens und bietet eine nahezu unberührte Natur. Es wurde 1992 zum Nationalpark erklärt und bleibt eines der am wenigsten erschlossenen Gebirgstäler in den westlichen Alpen. Das Tal ist eine Rückzugsstätte für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen, die in anderen, stärker frequentierten Regionen der Alpen schwerer zu finden sind.

5. Oberes Passeiertal (Italien)

Das Passeiertal in Südtirol wird weniger touristisch genutzt als andere Täler in der Region, besonders der obere Teil in Richtung der Talschlussregion ist noch weitgehend unberührt. Hier findet man eine wilde Natur mit Hochgebirgslandschaften, klaren Gebirgsbächen und traditionellen, abgelegenen Almhütten.

Diese Täler bieten nicht nur beeindruckende Naturerlebnisse, sondern sind auch Orte, an denen die Natur noch weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten ist. Natürlich gibt es in den Alpen noch viele weitere abgeschiedene und unberührte Täler, aber diese zählen zu den bekanntesten.

In Flims Laax geht es mit Outdoor Familien hoch hinaus. foto (c) Philipp Ruggli

Fünf ultimative Tipps für die Stille der Alpen: Warth-Schröcken

Ein Sprung in die Vergangenheit gefällig? Hoch über Warth-Schröcken am Arlberg, auf 1.715 Metern, schmiegt sich Bürstegg, die einst höchste Walsersiedlung Vorarlbergs, zwischen sanfte Almwiesen und schroffe Felsformationen. Aufgrund der rauen alpinen Bedingungen verließen die letzten Bewohner den Weiler Anfang des 20. Jahrhunderts. Bis heute hat sich Bürstegg seine Ursprünglichkeit bewahrt – im Sommer eine bewirtschaftete Alm, im Winter völlig abgeschieden von der Zivilisation. Wer hier ankommt, hat das Gefühl, nicht nur den Alltag, sondern ein ganzes Jahrhundert hinter sich gelassen zu haben. Nach der Schneeschmelze führen einsame Wanderwege und Trailrunning-Pfade über die Almwiesen. Unbedingt innehalten und genießen: Erdend ist die Ruhe, spektakulär das Panorama auf die umliegenden Gipfel wie Biberkopf und Widderstein.  

Tipp: Übrigens lässt sich Bürstegg auch mit Bike&Hike-Touren erreichen. Ein Erlebnis für sich, bei dem auch die Kultur nicht zu kurz kommt. 

Die Walsersiedlung Bürstegg strahlt Ruhe und Ursprünglichkeit aus, umgeben von imposanter Bergwelt. © Warth-Schröcken Tourismus/Sebastian Stiphout

Fünf ultimative Tipps für die Stille der Alpen: Val Saliente

Völlige Stille. Nur das Knirschen des Schnees begleitet Schneeschuhwanderer durch das Val Saliente.  Schroffe Berge umgeben das abgelegene Seitental nordwestlich von Livigno und markieren die Grenze zwischen der Schweiz und Italien. Sommer wie Winter bietet das Val Saliente fernab vom zollfreien Einkaufsparadies eindrucksvolle Routen durch unberührte Bergwelt. Wer hier leise und aufmerksam die Natur erkundet, kann mit etwas Glück Gämsen, Steinböcke oder kreisende Steinadler beobachten. Besonders reizvoll sind die Wintermonate, wenn sich eine dicke Schneedecke über die Natur legt. Auf geführten Schneeschuh-Touren entdecken Aktivurlauber unberührte alpine Flora und Fauna in ihrer ursprünglichsten Form. Sportgeschäfte verleihen Schneeschuhe und Sicherheitsausrüstung. 

Im Bann der Stille: Abgeschieden und unberührt entfaltet das Val Saliente seine alpine Magie zwischen weiten Schneefeldern und steilen Felswänden. © Livigno Next

Was muss man vor der Schneeschuhtour prüfen?

Vor dem Start einer Schneeschuhtour im Gebirge gilt es die wichtigsten Fakten zu überprüfen:

  • Wie ist die Lawinensituation?
  • Wie ist die Schneelage?
  • Welche Neigung hat der Hang?
  • Wie entwickelt sich das Wetter?
  • Gibt es auf der Tour gesperrte Zonen?
  • Wie exponiert ist die Tour?
  • Welche Geländeformen erwarten Euch?
  • Wie ist die Ausrüstung?
  • Wie steht es mit dem Können?

Welche Fehler werden am häufigsten gemacht?

Ich glaube, der größte Fehler, den viele machen, ist, dass sie noch keine Schneeschuhtour ausprobiert haben. Die Faszination mit Schneeschuhen unterwegs zu sein und in die Natur einzutauchen, ist schwer zu beschreiben.

Worauf sollten Anfänger beim Schneeschuhwandern achten?

Eine gut überlegte Route wählen, sich nicht überfordern – gerade als Anfänger sollte man es langsam angehen, denn manche Touren sehen leichter aus, als sie sind. Neben einem warmen Tee und einer Mütze sollten eine Funktions- oder Winterhose und eine nicht zu dicke Jacke dabei sein. Unserer Erfahrung nach neigen besonders Anfänger:innen dazu, sich zu warm anzuziehen. Die Schneeschuhe, es muss nicht das teuerste Modell sein, sollten zur gewählten Tour passen. Wenn dann noch die vorhergehenden Punkte mit Tourenplanung, Fütterungszonen und Sperrzonen gut vorbereitet sind, kann es losgehen.

Der Laternenweg von Falera nach Laax Dorf ist täglich bis 21 Uhr beleuchtet – perfekt für einen abendlichen Spaziergang. © Flims Laax

Fünf ultimative Tipps für die Stille der Alpen: Möserer See

Mit seinem dunklen, fast geheimnisvollen Wasser und seiner idyllischen Lage zwischen Telfs und Seefeld ist der Möserer See ein wahres Naturjuwel. Umgeben von tiefen Tannenwäldern und auf rund 1.295 Metern gelegen, erreicht er im Sommer eine Wassertemperatur von bis zu 25 Grad. Damit ist er einer der wärmsten Badeseen Tirols. Frühmorgens, wenn noch Nebelschwaden über dem See hängen und sich die ersten Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche spiegeln, wirkt der Moorsee wie aus einer anderen Welt. Im Sommer führen Wanderwege rund um den beliebten Naturbadesee und durch das Naturschutzgebiet. Pause gefällig? Sitzgelegenheiten laden immer wieder zum Verweilen und Genießen ein.  Und im Winter? Dann verwandelt sich der Möserer See in eine zauberhafte Kulisse und wird zum Ziel von Winterwanderern, die die unberührte Schneelandschaft und die tiefe Stille genießen.

Tipp: Im Winter friert der Möserer See oft zu und verwandelt sich bei ausreichender Eisdecke in einen pittoresken Eislaufplatz.  

Leise und verträumt: In der kalten Jahreszeit ist der Möserer See ein beliebtes Ziel für Winterwanderer. © Region Seefeld