Wanderungen zu Bergseen und Klammen in den Bayerischen Almen. Das ist der Titel von Stefan Herbkes neuen Buch. Die meisten kennen in als Rodelpapst und von seinen Wanderungen die in der Süddeutschen Zeitung stehen. Nun bringt er einen erfrischenden Wanderführer heraus und wir haben ihn interviewt.
Wanderungen zu erfrischenden Zielen. 35 Ziele stellt Stefan Herbke in seinem neuen Buch vor. Große und kleine Bergseen, verwunschene und wilde Klammen beschreibt Herbke. Die Wanderungen führen auch auf Gipfel zwischen Oberstdorf und Berchtesgaden. Doch wo ist es am schönsten und was empfiehlt Stefan Herbke für Wanderungen mit Kindern?
Kinderoutdoor.de: Den meisten Eltern bist Du als der Guru für´s Schlittenfahren bekannt. Warum zieht es Dich jetzt ans Wasser?
Stefan Herbke: Im Winter geht’s zum Schlittenfahren oder mit Brettern in den Tiefschnee, im Sommer in die Berge. Gelegentlich mit der Familie und dem Nachwuchs – daher auch mein Buch “Wandern mit Kindern” –, im Allgemeinen aber alleine. Bleibende Eindrücke hinterlassen dabei immer die Touren, bei denen Wasser ins Spiel kommt – egal ob munter plätschernd in einem Bach, tosend in einer Klamm oder ruhig und malerisch in einem Bergsee. Die schönsten Touren habe ich jetzt im Führer “Touren am Wasser” zusammengestellt.
Kinderoutdoor.de : Kinder sind vom Wasser auch immer fasziniert. Wieso übt das nasse Element so eine Anziehungskraft auf die kleinen Wanderer aus?
Stefan Herbke: Kinder und Wasser gehören einfach zusammen, das fängt bereits bei der Wasserschlacht im Garten an. Wasser macht einfach Spaß – und in den Bergen kann man zudem hervorragend an Bächen spielen, sie umleiten oder kleine Staudämme bauen.
Kinderoutdoor.de In Deinem neuen Buch “Touren am Wasser” stellst Du 35 Wanderungen zwischen Oberstdorf und Berchtesgaden vor. Wie viele sind für Familien geeignet?
Stefan Herbke: Unter Berücksichtigung der Aspekte Länge und Schwierigkeit eignet sich knapp die Hälfte der Touren ideal für Familien mit Kindern zwischen 6 und 12 Jahren.
Kinderoutdoor.de Was ist Deine Lieblingstour am Wasser?
Stefan Herbke: Hinter dem Sylvensteinspeicher versteckt sich ein einsamer Anstieg durch das Krottenbachtal zum Delpssee mit Fortsetzung zum Schafreiter; eine Tour, bei der man für den Zustieg auf einer langen Forststraße besser das Mountainbike nimmt. Im Anschluss führt ein traumhafter Steig über eine Steilstufe, hinter der sich ein wunderschöner Boden mit den beiden Seenaugen des Delpssees öffnet. Ein malerischer Platz mit ungewohnten Ausblicken und doch nur eine Zwischenstation auf einer langen Wanderung, die einen auf Schritt und Tritt begeistert.
Kinderoutdoor.de An manchen Orten in den Alpen verkommen die Berge immer mehr zu einer Art Rummelplatz: Sommerrodelbahnen, Flying Fox in allen Variationen und andere Attraktionen. Wie stehst Du dieser Entwicklung gegenüber?
Stefan Herbke: Ich habe durchaus Verständnis für die Kritikpunkte und meine auch, dass die Berge nicht zum Rummelplatz verkommen sollten. Andererseits verstehe ich die Gründe der Bergbahnbetreiber, die Attraktivität ihrer Bahnen zu erhöhen. Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Solange sich alles im Bereich der Bergstationen oder parallel zur Lifttrasse abspielt, geht das auch in Ordnung. Allerdings befürchte ich, dass sobald jede Bergbahn ihre eigene Sommerrodelbahn besitzt oder mit einem spektakulären Aussichtssteg lockt die Anziehungskraft rasch nachlässt und damit die Wirtschaftlichkeit in Frage steht.
Kinderoutdoor.de Wollen Kinder und Familien diese alpinen Rummelplätze?
Stefan Herbke: Ich kenne kein Kind, das sich gegen die Fahrt mit einer Sommerrodelbahn wehrt. Und geben wir es ruhig zu, auch als Erwachsener fährt man begeistert mit – Jahrzehnte nachdem wir bei einem Kindergeburtstag am Blomberg waren und dort die Rodelbahn runterdüsten – und dabei natürlich austesteten, ob die Fahrt ohne zu Bremsen zu bewältigen ist. Es macht also Spaß. Oder nehmen wir die vielen künstlichen Wasserspielplätze, die in den letzten Jahren im Bereich der Seilbahn-Bergstationen entstanden sind und unglaublich beliebt sind. Die Antwort lautet also ja, auch wenn es natürlich schade ist, dass viele Familien und Kindern künstliche Erlebniswelten bevorzugen.
Kinderoutdoor.de Sind diese fragwürdigen Fahrgeschäfte in den Bergen eine Motivation für Familien zum Wandern zu gehen?
Stefan Herkbe: Sie sind eine Möglichkeit, Kinder in die Berge zu bekommen. Und sie bieten eine Chance, von dort den nächsten Schritt zu wagen. Also weiterzulaufen zu einer Alm oder gar zu einem Gipfel mit Kreuz. Das erstaunliche dabei ist, dass für Kinder das Erreichen eines Gipfelkreuzes mit Eintrag ins Gipfelbuch durchaus erstrebenswert ist und sie mit Stolz erfüllt.
Nörgelfreie Wanderungen mit Kindern: Ein Patentrezept gibt es leider nicht
Kinderoutdoor.de Was empfiehlst Du, dass die Kinder gerne und ohne zu nörgeln wandern?
Stefan Herbke: Ein Patentrezept gibt es leider nicht, aber doch einige Punkte, mit denen man bei seinem Nachwuchs Erfolg haben könnte. Manchmal reicht es bereits, gar nicht vom Wandern zu sprechen, sondern davon, dass man eine tolle Klamm erkundet, einen Bach aufstaut oder nach Schnee im Sommer sucht. Positiv ist auch eine Tour mit einer anderen Familie und deren Kindern. Abgesehen davon gibt es ein paar Standards wie Almen, Hütten oder Wasser, die eine Tour ganz automatisch zum Erlebnis machen. Auch wenn beim Aufstauen oder Umleiten eines Baches leicht das eigentliche Ziel “Gipfel” aus dem Blickfeld gerät. Doch auch das gehört dazu und ist ein wesentlicher Punkt, damit Kindern ein Ausflug in die Berge Spaß macht: Nicht der Gipfel ist das Ziel, sondern der Weg!
Kinderoutdoor.de Bei einer Klamm haben manche Eltern Angst, dass etwas passieren könnte: Abrutschen eines Kindes in das Wildwasser und andere schlimme Dinge. Wie siehst Du das?
Stefan Herbke: Es gab bereits tragische Unfälle, allerdings sollte man dabei nicht übersehen, wie viele Leute jedes Jahr in den Bergen unterwegs sind. Im Verhältnis dazu passiert zum Glück nur wenig. Man sollte sich deshalb nicht davon abhalten lassen, in die Berge zu gehen. Man liest ja auch täglich von Autounfällen und dennoch werden die Kinder selbst auf kürzesten Schulwegstrecken gefahren.
Kinderoutdoor.de Wie wichtig ist Dir der Aspekt Sicherheit bei Deinen Touren?
Stefan Herbke: Selbst bei leichten Wanderungen können Passagen vorkommen, auf denen man besser nicht stolpert. Außerdem haben Kinder einfach noch keinen Blick für Gefahrensituationen. Sicherheit ist jedoch bei allen Touren oberstes Gebot, wobei man hier eine Balance finden muss zwischen Vertrauen in das Können der Kinder und der Fürsorgepflicht, bei der man den Nachwuchs bei Rutsch- bzw. Sturzgefahr an die Hand nimmt.
Wanderungen ohne gute Schuhe: Definitiv leichtsinnig!
Kinderoutdoor.de Turnschuhe, Adiletten und Sandalen. Immer noch sind Familien unzureichend ausgerüstet in den Bergen unterwegs. Geht von einer schlechten Ausrüstung auch eine Gefahr aus?
Stefan Herbke: Wer mit Schuhen ohne ausreichende Profilsohle unterwegs ist, handelt definitiv leichtsinnig. An festen, knöchelhohen Wanderschuhen mit entsprechender Sohle führt kein Weg vorbei. Am besten sollten die noch wasserdicht sein, schließlich steht man beim Spielen am Bach oder Ufer eines Bergsees schnell einmal im Wasser – und mit nassen Füßen ist Wandern alles andere als ein Spaß.
Kinderoutdoor.de Wo sollten Outdoor Familien unbedingt einmal gewesen sein?
Stefan Herbke: Das Berchtesgadener Land bietet eine wunderschöne Kombination von leichten, familienfreundlichen Touren und Alternativen für Schlechtwetter oder als Abrundung eines gelungenen Tages. Vormittags wandern durch die Wimbachklamm, nachmittags ein Besuch im Salzbergwerk – einfach perfekt.
Des woars und I sag: Dankschön!