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Alles sauber bei Krabbelschuhen? Unterliefen Öko-Test Fehler?

Im aktuellen Öko-Test Ratgeber Kinder&Familie – Gesund größer werden gibt es einen Test von Krabbelschuhen. Weniger gut schneiden dort Lauflernschuhe ab, die nach dem IVN Naturleder Standard produziert sind. Dazu hat der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) eine Pressemitteilung verfasst. Wir stellen Euch heute unkommentiert deren Pressemitteilung zum Lesen online. Wie immer geht es uns darum, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen, damit Ihr Euch als Kinderoutdoor.de Leser eine eigene Meinung bilden könnt. Hier die Pressemitteilung der IVN:

Öko-Test unterlaufen bei der Bewertung von Krabbelschuhen schwere Fehler
Der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) ist empört. Am 20. September 2013 veröffentlichte das Magazin Öko-Test das Ergebnis einer Untersuchung von Krabbelschuhen. Darin werden Lauflernschuhe, die nach dem IVN NATURLEDER Standard produziert sind, mit dem Gesamturteil ungenügend bewertet. Wie kommt das Magazin zu dieser Benotung?

 „Wiederholt falsche Prüfverfahren, nicht nachvollziehbare Grenzwerte sowie der Verzicht auf Bewertung von Produktionsbedingungen machen uns fassungslos“, sagt Heike Scheuer, Leiterin der Geschäftsstelle des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft (IVN). „Solche als unabhängig kaschierten Testergebnisse eines kommerziellen Magazins bringen niemandem etwas – weder den Vorreitern und Pionieren der Bio-Branche noch den konventionellen Modekonzernen. Sie machen die Verwirrung der Verbraucher komplett und geben dem Magazin eine Daseinsberechtigung – sonst nichts“, so Scheuer. Was führt den IVN zu diesem Urteil?

Was ist drinnen in Lauflernschuhen? Öko-Test und der IVN sind sich in dieser Frage alles andere als einig.  Foto: (c) lichtkunst.73  / pixelio.de
Was ist drinnen in Lauflernschuhen? Öko-Test und der IVN sind sich in dieser Frage alles andere als einig.
Foto: (c) lichtkunst.73 / pixelio.de


Öko-Test verwendet falsche Prüfverfahren
Der offensichtlichste Fehler ist der Redaktion bei der Auswahl der Analyseverfahren unterlaufen. Im Fall Formaldehyd verwendet Öko-Test das Verfahren DIN ISO 14181-1 – das korrekte Verfahren für Leder ist allerdings DIN ISO 17226-1. Eine Überprüfung der Testergebnisse nach den allgemein anerkannten Verfahren ergab in einem Fall ein vollkommen anderes Bild als das publizierte. Während Öko-Test in einem aus IVN NATURLEDER produzierten Schuh Formaldehyd zu finden glaubt, weist der Test eines unabhängigen Labors mit dem korrekten Lederprüfverfahren nach, dass diese Chemikalie nicht in dem geprüften Schuh ist. Auch Anilin wurde bei einer Gegenkontrolle durch ein unabhängiges Prüflabor nicht in der Mischprobe des Schuhs gefunden.


Probate Grenzwerte sind eine komplizierte und komplexe Angelegenheit
Beim unabhängigen Verband IVN werden Grenzwerte von einem Richtlinienausschuss definiert und bilden die Grundlage für einige der strengsten Leder- und Textilstandards: IVN NATURLEDER und IVN-BEST. Nicht so beim privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen Öko-Test. Hier verzichtet man auf ein teures Fachgremium – das Testdesign wird von der stellvertretenden Chefredakteurin verantwortet. In der Vergangenheit hat mangelhafte Recherche dabei leider immer wieder zu grotesken Produktbewertungen geführt. Der Richtlinienausschuss erarbeitet Grenzwerte auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und diskutiert diese interdisziplinär. Die Grenzwerte sind transparent, öffentlich zugänglich und stellen einige der strengsten weltweit dar. So schreibt Öko-Test, dass IVN Standards Anilin zulassen würden – wahr ist hingegen, dass IVN NATURLEDER als einziger Standard Anilin überhaupt berücksichtigt und Grenzwerte definiert. Die Öko-Test Redaktion ist dazu eingeladen, sich mit den Experten im Richtlinienausschuss des IVN auszutauschen. Vielleicht gelingt es so, in Zukunft realistische Grenzwerte festzulegen und eine Irritation der Verbraucher zu vermeiden.


Testergebnisse ohne Vergleichbarkeit und Aussagekraft
Öko-Test verändert Grenzwerte zwischen Testreihen willkürlich. So wurden jüngst solche Schuhe mit einer Abwertung bestraft, in denen PAK-Verbindungen (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) in einer Konzentration von mehr als 0,2 mg/kg gefunden wurden. Im Lauflernschuh-Test des Jahres 2011 hat das Magazin bereits ab einer Belastung von 0,1 mg/kg abgewertet. Die Bewertungsmethodik nicht nachvollziehbar und intransparent zu ändern, ist allerdings nicht sachdienlich. In letzter Konsequenz nimmt man der Industrie so die Motivation, sich zu verbessern – denn die bewerteten Unternehmen wissen am Ende nicht, welche Parameter sie beachten sollen.
Noch paradoxer erscheinen sie, wenn man tiefer in die Materie einsteigt: Öko-Test analysiert auf insgesamt 25 PAKs. Die Nachweisgrenze eines einzelnen PAK liegt bei 0,01 mg/kg. In sachlich vertretbarer Form ist eine Abwertung also erst ab einer Gesamtbelastung von 0,25 mg/kg gerechtfertigt. Öko-Test ignoriert solche objektiven Sachverhalte.as von seinem Namen her vorgibt, den ökologischen Wert eines Produktes zu beurteilen, ist letztlich ein reiner Schadstofftest – die Umweltbelastung und Sozialverträglichkeit der Produktion werden überhaupt nicht berücksichtigt. Der IVN vertritt in dieser Frage einen klaren Standpunkt: Schadstoffprüfung am Endprodukt und ein Inputverbot für gefährliche Substanzen in der gesamten Wertschöpfungs- und Produktionskette gehören zusammen.

Schließlich wirken karzinogene Substanzen für den Arbeiter in China genauso gesundheitsschädlich wie für Verbraucher in Europa. Aktuell kann es dazu kommen, dass Öko-Test einen chromgegerbten Schuh besser bewertet, als einen Schuh aus Naturleder. Und das, obwohl die Umwelt- und Gesundheitsbilanz der Chromgerbung verheerend ist. Nach Auffassung des IVN ist dies Verbrauchertäuschung.

Trotz aller Kritik an der Umsetzung begrüßt der IVN die Bemühungen von Öko-Test – insbesondere in der Schuhfrage. Denn während in der Bekleidungsindustrie bereits anerkannte und weltweit etablierte Standards wie der GOTS (Global Organic Textile Standard), IVN BEST oder NATURLEDER bei Endprodukten erfolgreich umgesetzt werden, gibt es keinen vergleichbaren Standard für Schuhe. Allerdings arbeitet der IVN seit geraumer Zeit an einem Schuhzertifikat, mit dessen Veröffentlichung in naher Zukunft zu rechnen ist.

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