Es gibt Menschen, deren Lachen steckt an. Gernot Ladwein, Erlebnis- und Abenteuerpädagoge, gehört sicher dazu. Ein sympathischer Naturbursche, der zu Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen schnell einen Zugang findet. Landwein ist Inhaber von Erlebniszeit und hat in seiner Arbeit einen großen Verbündeten: Die Natur. Dort veranstaltet Landwein kreative Erlebnisprogramme für die Kleinen. Kinderoutdoor.de fragte nach, wie seine Erfahrungen aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind.
Kinderoutdoor.de: Immer mehr Regalmeter in den Buchhandlungen sind von Erziehungsratgebern
belegt. Sind die Kinder so schrecklich oder die Erwachsenen?
Gernot Landwein, Erlebniszeit: Da stellst Du mir eine gute Frage. Ich denke weder die Kinder noch die
Erwachsenen sind schrecklich. Jede Generation hatte und hat ihre Schwierigkeiten, miteinander und untereinander.
Das ist schon immer so gewesen und wird auch immer so sein. Jede Generation an Kindern fand
irgendwann mal alle Erwachsenen doof und jede Erwachsenengeneration hat über
die „ach so verzogene“ Jugend den Kopf geschüttelt. Dass es so viele
Erziehungsratgeber gibt hängt, glaube ich, mit dem Zeitgeist zusammen.
Ratgeber gibt es für alles und jeden, und das nicht nur in Form von
Printmedien. Es stellt sich doch oft die Frage nach der Intension einen
Ratgeber herauszugeben oder zu produzieren. Ist es wirklich immer nur die
Hilfestellung, die gegeben werden soll? Schau Dir doch nur mal die
verschiedenen Formate im TV an. Irgendwelche Reality Doku-Soaps verpackt als
„Erziehungsratgeber“, die nichts anderes als den Voyeuren in uns bedienen.
Soweit möchte ich im Bezug auf Erziehungsratgeber in Buchform natürlich
nicht gehen, diese haben sicherlich einen ganz anderen Ansatz und Anspruch,
hier steht tatsächlich das Beraten und Unterstützen im Vordergrund. Doch
letztendlich geht es auch ums Verkaufen und so reihen sie sich nahtlos an
tausende weitere Ratgeber zu unzähligen anderen Themen. Dass Ratgeber ihre
Berechtigung haben, streite ich sicherlich nicht ab, auch in meinem
Bücherregal finden sie sich zu genügend. Und wenn es auch keine
Erziehungsratgeben sind, so sind es doch Ratgeber zu anderen Themen. Was
allerdings auffällt ist, dass man allzu oft, wenn man sich ein bisschen
einliest, auf widersprüchliche Aussagen stößt. Wonach sollen wir uns dann
also richten? Ich glaube, in Bezug auf die Erziehung unsere Kinder (oder die
unserer Eltern) können wir uns gerne mal etwas trauen. Gesunder
Menschenverstand hilft da echt weiter. Und man darf auch gerne Fehler
machen, das ist okay. Aber die Erziehung anpacken muss man, mit oder ohne
Erziehungsratgeber. Und um auf Deine Frage zurückzukommen: nein unsere
Kinder sind nicht schrecklich und die Erwachsenen auch nicht, eher die
Umstände.
Kinderoutdoor.de: Du bietest als Erlebnispädagoge auch Kurse für Kinder und Jugendlichen in
der Natur an. Was unternimmst Du mit den Teilnehmern?
Gernot Landwein: Ganz Unterschiedliches. Ich bin zum Beispiel viel mit ihnen im Wald
unterwegs und bringe den Kinder und Jugendlichen durch Spiele, Aufgaben,
Beobachtungen, durch Hören, Fühlen, Sehen, Riechen, Schmecken die Natur
näher und sensibilisiere sie auf einen behutsamen Umgang mit ihr . Des
Weiteren biete ich Gruppen oder Klassen an, mehrere Tage im Kanu unterwegs
sein zu können. Das Unterwegssein bedient den Abenteurer in uns und vom
Wasser aus lässt sich unsere Umwelt aus einem ganz anderen Blickwinkel
erleben. Eine zünftige Wasserschlacht gehört natürlich auch dazu. Zum
Ausloten der eigenen Möglichkeiten und Grenzen geht´s aber auch mal zum
Klettern oder tief hinein in eine Höhle. Hierbei ist natürlich genau auf die
individuellen Fähigkeiten zu achten. Solchermaßen Unternehmungen, gerade
beim Kletten und Höhlenforschen, dürfen niemals in Stress, Angst oder Panik
münden. Zwei Meter einer Felswand zu erklimmen oder sich 5 Minuten in einer
dunklen Höhle aufzuhalten, sind für den Einen genau so wertvoll wie eine
komplett durchkletterte Route oder mehrstündiges Durchzwängen durch
Höhlenengpässe für den Anderen. Der eigene kleine Erfolg, das
„Über-sich-hinaus-wachsen“, einen Schritt weiter gehen, als man es sich
selbst zugetraut hat, stehen im Vordergrund und sind ganz wertvolle
Erfahrungen. Sie lassen uns „wachsen“, stärken unser Selbstvertrauen,
bringen uns weiter. Und wie gesagt, dazu braucht es keinen Stress.
Kinderoutdoor.de:Was ist Deine Erfahrung: Haben die Kinder und Jugendlichen Angst vor der
Natur? Ist sie ihnen fremd geworden?
Gernot Landwein: Dass Kinder oder Jugendliche Angst vor der Natur haben, so weit würde ich
nicht gehen. Fremd ja oder unverständlich. Es ist für viele ein unbekanntes
Terrain. Aber das trifft längst nicht auf alle Kinder und Jugendliche zu.
Man darf da nicht pauschalisieren, ganz viele Kinder und Jugendliche erleben
in ihrer Freizeit immer noch gerne die Natur hautnah und pur. Sie finden
sich darin ausgesprochen gut zurecht und fühlen sich dort wohl. Und dabei
handelt sich nicht unbedingt nur um Kinder, die in einem ländlichen Umfeld
aufgewachsen sind.
Kinderoutdoor.de:Kletterwälder boomen. Verkommt die Natur zu einem Rummelplatz?
Gernot Landwein: Wenn wir die Natur verstehen wollen, müssen wir in sie eintauchen. Und ich
denke, dass die Lust am Entdecken in der Natur durchaus mit der Lust am
Abenteuer und am Nervenkitzel einhergehen darf. Wenn sich Kletterwälder
ihrer Aufgaben und ihrer Möglichkeiten bewusst sind und dies in einer
naturschonenden Art und Weise umgesetzt wird – das ist wichtig -, dann ist
dagegen überhaupt nichts einzuwenden. Auch ich nutze Waldklettergärten um
Kindern und Jugendlichen die Aktivität in der Natur schmackhaft zu machen.
Wenn wir Gefallen am Tun im Freien vermitteln wollen, müssen wir etwas
finden was Kinder und Jugendliche aber auch Erwachsene anspricht. Und wenn
es mir mittels eines Kletterwaldes gelingt jemanden dazu zu bewegen seine
vier Wände auch mal zu verlassen, die elektronischen und virtuellen Medien
mal zu vergessen, wir Erlebnispädagogen treten nun mal gegen, Computer,
Spielkonsolen, TV-Geräte und soziale Netzwerke an, dann kann man darauf gut
aufbauen.
Kinderoutdoor.de:Was sollten Eltern tun, um ihre Kinder für die Natur zu begeistern?
Gernot Landwein: Es ihren Kindern vorleben. Raus gehen. Draußen aktiv sein. Das muss gar
nicht immer das große Abenteuer sein. Klar ist es super, wenn Eltern ihren
Jahresurlaub mit ihren Kindern zum Beispiel aktiv in den Bergen verbringen,
aber ein Kastaniensammeln im Herbst, eine Schneeballschlacht im Winter, die
Füße im Sommer mal in einen klaren Bach zu tauchen, sind genau so wertvoll.
Es gibt tausend Möglichkeiten.
Kinderoutdoor.de:Du veranstaltest auch Geo-Caching Kurse. Worin liegt die Faszination der
elektronischen Schnitzeljagd für die Kinder?
Gernot Landwein: Mit den GPS-Geräten, welche man für das Geo-Caching benötigt kommt man den
Kindern im Prinzip schon entgegen. Sie sind es gewohnt mit „Kleincomputern“,
seien es Mobiltelefone oder Nintendo DS umzugehen. Die Faszination, welche
solch ein technisches Gerät ausübt ist allerdings ungebrochen. Und damit ist
der Weg zu einer aufregenden und interessanten Aktivität in der freien Natur
nicht mehr weit. Man schlägt also tatsächlich die sprichwörtlichen zwei
Fliegen mit einer Klatsche. Aber Achtung, beim Geo-Caching bitte niemals das
richtige Verhalten in und den behutsamen Umgangs mit der Natur außer Acht
lassen. Naturschutz hat immer Vorrang. Ein bewusster Geocacher betritt
niemals ein Schutzgebiet, weder beim Verstecken noch beim Suchen eines
Schatzes. Beachtet man dies, stehen Spaß und Spannung und dem aktivem Tun in
der Natur nichts im Wege. Man darf sich der Natur gerne richtig nähern und
kann sie trotzdem gleichzeitig schonen und schützen.
Kinderoutdoor.de:Wie schaffst Du es für Deine Klassenfahrten das Programm maßzuschneidern?
Gernot Landwein, Erlebniszeit: Man schöpft da natürlich aus einem gewissen Erfahrungsschatz. Ein
maßgeschneidertes Programm ist aber trotzdem von einigen Faktoren abhängig.
Wie groß ist die Klasse? In welchem Alter befinden sich die Schülerinnen und
Schüler? Was braucht die Klasse? Was sind deren eigenen Ideen und
Vorstellungen? Und auch den finanziellen Möglichkeiten muss natürlich
Beachtung geschenkt werden. Nicht alles ist immer umsetzbar. Ich führe im
Vorfeld viele Gespräche mit den Lehrerinnen und Lehrern und erarbeite aus
den Informationen, die man mir zukommen lässt erste Vorschläge. Diese werden
dann in weiteren Gesprächen erläutert, verbessert und konkretisiert. Auch
besuche ich im Rahmen der Möglichkeiten die Elternabende an den Schulen um
dort die Programme vorzustellen. Die Eltern haben die Möglichkeit mich
kennen zu lernen und ich kann mich mit ihnen austauschen und auf deren
Fragen eingehen. Die Summe dieser Vorbereitungen resultiert dann in einer,
für die Bedürfnisse der entsprechenden Klasse passenden Klassenfahrt. Der
Programmschwerpunkt kann dann auf dem Erleben liegen oder aber auch mehr auf
dem Pädagogischen, wenn notwendig und gewollt. Eine gute Mischung aus beidem
ist meist perfekt. Meine Angebote sehen es auch vor, dass ich während den
Klassenfahrten normalerweise rund um die Uhr zugegen bin und nicht nur zu
festgelegten Programmzeiten. Ich sehe das als Vorteil an, denn so lernt man
sich viel intensiver kennen. Es entsteht ein Vertrauensverhältnis, man wir
Teil der Klassengemeinschaft und erkennt viel deutlicher was eine Klasse
(oder auch nur ein Teil von ihr) benötigt oder was ihr fehlt. Darauf kann
man dann entsprechend reagieren.
Vielen Dank Gernot!