Kinder und Bergtouren, geht das? Fragen sich viele Eltern. Manche haben richtige Dramen am Berg mit den Kleinen erlebt und es floss die eine oder andere Träne. Auch Familien können in den Bergen Freude haben. Dazu gehört, dass den Kindern nicht langweillig ist. Stefanie Fink, die Geschäftsführerin von Alpenstieg einem Veranstalter von alpinen Kursen und Individualtouren, kennt die Problematik und sprach mit Kinderoutdoor.de darüber.
Kinderoutdoor.de: Wann bist Du zum ersten mal geklettert?
Stefanie Fink: Ich bin quasi über „Umwege“ zum Klettern gekommen. Vor ca. 7 Jahren war ich allein auf einer Wanderung im Wilden Kaiser unterwegs und habe an diesem Tag gekonnt alle Anfängerfehler, die man so machen kann, kombiniert. Die Tour war viel zu lang gewählt, der Aufbruch viel zu spät, das Kartenmaterial zu schlecht und es war bereits später Nachmittag, als klar wurde, dass ich mich total verlaufen habe. Gott sei Dank kam ein Einheimischer, der mir dann – nach einem strengen, prüfenden Blick auf meinen Bergschuh- erklärte, dass der kürzeste Weg ins Tal über einen Klettersteig führe. Über einen was? Ich hatte keine Ahnung, auf was ich mich da einlasse und bin dann völlig ungesichert durch meinen ersten Klettersteig. Im Nachhinein kann man nur sagen, was für eine unglaubliche Dummheit! Aus der ich dann jedoch gelernt habe und ein paar Tage später mit einem Bergführer im Klettersteig unterwegs war, um die Technik besser und sicherer zu beherrschen.
Doch die Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich schwindelfrei bin und den direkten Felskontakt liebe. In dieser Zeit habe ich dann auch mit dem Klettern begonnen. Und die Leidenschaft hat mich seitdem nicht mehr losgelassen!
Ab wann dürfen Kinder bei Alpenstieg.com mit zum Klettersteig?
Das ist natürlich immer auch ein bisschen abhängig vom Kind, aber in der Regel sagen wir, dass man ab ca. 6-7 Jahren schon gemeinsam mit den Eltern gut etwas unternehmen kann.
Worauf achten Euere Berg- und Wanderführer, wenn Kinder bei einer Bergtour dabei sind?
Sicherheit hat natürlich- vor allem anderen- immer die absolute Priorität. Wenn Kinder mit am Berg unterwegs sind, schaut man noch genauer, ob die Karabiner richtig eingehängt sind, das Kind richtig tritt und sicher steht. Ganz wichtig ist auch die Auswahl der richtigen Route, die definitiv nicht zu lang und zu anspruchsvoll sein sollte. Oft trifft man Eltern mit weinenden Kindern am Berg, die total überfordert sind. Der Grat zwischen spannend, aufregend und einer Überforderung ist recht schmal und da kann die Stimmung beim Kind auch schnell kippen. Bergführer sind da wirklich Profis, die ihre Heimatberge in- und auswendig kennen und sehr genau wissen, welche Tour sie mit den Kleinen unternehmen können. Denn Kinder sollen ja auch zukünftig Spaß an tollen Bergtouren haben und keine Angst vor Klettersteigen oder endlosen Touren entwickeln.
Welchen Trend kannst Du beobachten, was Kinder/Jugendliche und Bergsport angeht?
Der allgemeine Trend „zum Berg“ macht natürlich auch nicht vor dem Kinder- oder Jugendbereich halt. Das fängt mit Kletterwänden in Kindergärten und an Schulen an und geht bis hin zum „Schulsport Klettern“ in einigen Regionen, der vor ein paar Jahren auch noch undenkbar gewesen wäre! Auch das Angebot, das Kindern heute zur Verfügung steht, ist natürlich viel größer! Man kann die ersten Schritte in einer Kletterhalle in Kinderkletterkursen wagen und auch am Berg gibt es heute bereits sehr viele spezielle Angebote, von Klettern, über Klettersteige bis hin zu speziellen Wanderungen.
Für viele Eltern ist eine Wanderung mit Kindern eine anstrengende Sache. Worauf achten die Profis von Alpenstieg.com, wenn sie mit den Kleinen Bergsteigern unterwegs sind?
Wanderungen können für Kinder leicht langweilig werden. Gerade wenn die Tour zu lang ist und auf dem Weg nichts „Spannendes“ passiert, können die Kleinen verständlicherweise recht schnell unleidlich werden!
Bei unseren Wanderungen speziell für Kinder haben wir versucht, den Kindern immer täglich etwas Besonderes zu bieten. Das kann ein Bergsee sein, der zum Planschen nach einer Tour geeignet ist oder ein kleiner „Boulderfelsen“ auf dem Weg, der zu einer Pause einlädt. Auch ein Flying Fox, über dessen Sinnhaftigkeit man ansonsten ja vortrefflich diskutieren kann, ist für Kinder natürlich ein tolles Abenteuer!
Eine – wie wir fanden – tolle Tour gab es in unserem Sommerprogramm in den Dolomiten, die ja sehr bekannt sind für ihre Sagen und Mythen. Bei dieser Wanderwoche wurde immer morgens eine der Sagen vorgelesen und dann hat sich die ganze Gruppe an dem Tag quasi auf die Suche nach den Originalschauplätzen begeben. So wurden die Kinder zu richtigen kleinen Entdeckern, z.B. in Laurins Reich, dem Rosengarten.
Welche speziellen Kurse bietet Alpenstieg.com für Familien mit Kindern an?
Im Sommer hatten wir spezielle Wandertouren und auch Kletterkurse im Angebot. Sehr häufig wurden auch individuelle Klettersteigtouren nachgefragt.
Im Winter werden wir Schneeschuhtouren anbieten und für Teenager, die schon recht sicher Ski fahren, sind auch Skitouren schon möglich.
Was war der Grund dafür, dieses spezielle Programm zu erarbeiten?
Wir haben erkannt, dass es eine Nachfrage in diesem Segment gibt. Häufig gehen die Eltern gern in die Berge, sind aber unsicher, in wieweit sie die Kindern fordern können. Und es gibt natürlich auch Eltern, die gern zusammen mit den Kindern klettern lernen möchten oder z.B. in Klettersteigen selbst zu unsicher sind und daher lieber mit einem Profi unterwegs sein möchten. Hier wollten wir für Eltern und Kinder eine Möglichkeit bieten, gemeinsam spannende Tage am Berg verbringen zu können.
Ganz persönlich finde ich es außerdem wunderbar, wenn ich meine Leidenschaft für den Berg auch schon an die Kleinsten weitergeben kann. Wenn mir Kunden dann Bilder mit Ihren Kindern vom Berg schicken, ist das wirklich ein schöner Lohn unserer Arbeit.
Sind Kinder die besseren Bergsteiger?
„Besser“ ist eine Wertung, die ich gar nicht machen möchte. Definitiv haben Kinder andere Bedürfnisse. Man muss sie erst an den Berg „heranführen“ und sollte sie dabei nicht überfordern. Klettern und Klettersteige sind dabei sicher spannend genug und kommen auch dem natürlichen Bewegungsdrang entgegen.
Persönlich finde ich es auch immer wieder faszinierend, dass Kindern bis ca. 10 Jahre häufig überhaupt keine Angst vor der Höhe haben. Mein sechsjähriges Patenkind, das öfter mit mir in der Halle klettern geht, hängt ohne jegliche Probleme in 10 Metern Höhe, an einem kleinen Überhang.
Bei Wanderungen gibt es bei den Kleinen enorme Unterschiede. Im Sommer habe ich auf dem Türmljoch am Großvenediger eine Familie mit ihren beiden Töchtern getroffen. Die beiden Mädchen waren sieben und neun Jahre alt. Nachdem wir uns ein bisschen unterhalten haben, war klar, dass die vier schon seit ca. vier Stunden unterwegs waren und zur nächsten Hütte auch fast noch einmal so lange brauchen würden. Aber die Mädchen waren total begeistert von der Tour und die Pause, die durch unser Gespräch entstanden ist, war ihnen eigentlich schon viel zu lang! Manche Leidenschaft zeigt sich vielleicht einfach auch schon früh…
Manche Kinder haben mich am Berg schon wirklich mit ihrer Leistung und ihrem Willen beeindruckt!
Welche Touren waren in diesem Sommer von Familien besonders nachgefragt und warum?
Wir haben im Sommer gerade im Anfängerbereich einen Trend bei Kletterkursen und im Klettersteigbereich feststellen können und dieser Trend hat sich auch bei den Familienanfragen fortgesetzt. So haben wir sehr häufig individuelle Klettersteigtouren für Familien organisiert, sowie spezielle Kletterkurse für Eltern mit Kindern oder auch Kindergruppen für etwas ältere Kinder, die sich bereits gegenseitig sichern können.
Du bist selbst eine begeisterte Alpinistin. Dein Geheimtipp? Wo sollten Familien unbedingt mit Kindern hinfahren und warum?
Ich finde es ganz schwer, wirklich nur einen Tipp abzugeben, denn die Berge sind im ganzen Alpenraum so beeindruckend und auch in jedem Fall für Familien geeignet.
Vielleicht kann ich aber doch Südtirol als kleinen Tipp nennen. Hier gibt es alles im Überfluss, Klettersteige, Wanderwege, Klettergärten mit tollen, abgesicherten Routen und Gipfel in Hülle und Fülle. Gerade im Süden, in der Nähe des Gardasees kann man zwischendurch auch immer mal einen entspannenden Tag am See verbringen und die kleinen italienischen Orte wie Riva del Garda versprühen einen wunderbaren italienischen Charme. Und welches Kind isst nicht gern Pasta oder Eis?:-)
DANKE für das tolle Interview!