The North Face tut es. Jack Wolfskin auch. Sie stellen Schuhe in Rumänien her. Immer mehr Outdoor-Marken lassen wieder in Europa produzieren. Bis vor kurzem galt Fernost als der ideale Standort um dort Outdoor-Textilien und Ausrüstung zu fertigen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht, ist Asien im direkten Vergleich Europa überlegen: Niedrige Stundenlöhne, weniger behördliche Auflagen und moderate Steuern. Mittlerweile tritt bei Herstellern und Konsumenten ein Umdenken ein. Steigende Transportkosten, Piraterie (auf dem Meer Seeräuber und an Land Markenfälscher), Flexibilität und Qualität sind Argumente für eine Produktion in Europa. Doch kommt dieses Umdenken auch im Handel und bei den Kunden an? Wir fragten Händler und Hersteller.
Alexander Knorre-Hüttemann, Up&Away, Dorsten
In der Regel fragen Kunden nicht nach der Herkunft eines Artikels. Der ein oder andere ist aber durchaus schon interessiert und möchte sich bei uns über die Produktionsländer informieren. Im Verkaufsgespräch insbesondere bei Daunenbekleidung wurde des öfteren nach Herkunft und Gewinnungsart der Daune gefragt. Sofern ein Produkt aus Europa oder sogar aus Deutschland kommt betonen wir dies im Verkaufsgespräch schon und können schon feststellen, daß gerade Made in Germany bei einigen Kunden verkaufsfördernd wirkt. Persönlich sehe ich eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa recht positiv. Gerade durch die kürzeren Transport- und Vertriebswege können Umwelt-Ressourcen geschont werden, zudem lässt sich die Produktion durch Residents der Hersteller mit weniger Aufwand überwachen und auf Produktionsmängel schneller reagieren. Im Rahmen der Order ist es uns nicht ersichtlich welches Produkt in welchem Land hergestellt wird, so dass wir unseren Einkauf zur Zeit noch nicht daran orientieren können.
Thomas Fressle, Seil Marschall, Bad Waldsee
Wir produzieren zu 100% in Deutschland. Sicher könnten wir schneller reich werden, wenn wir in Fernost herstellen lassen. Doch es geht uns um den Standort Deutschland, Arbeitsplätze und regionale Kaufkraft. Menschen die bei uns in der Produktion ihr Geld verdienen, geben es auch hier wieder aus. Damit können wir einen kleinen Beitrag zur besseren Binnennachfrage leisten. Wenn es uns Menschen egal ist , woher und unter welchen Umständen Dinge produziert werden die wir kaufen, nehmen die globalen Probleme zu und wir sägen an dem Ast auf dem wir sitzen. Unseren Kunden in Großbritannien, den USA oder Japan ist Made in Germany wichtig. Damit können wir uns von Mitbewerbern absetzen. Auch stimmt die Qualität der Produkte, die in Deutschland oder Europa gefertigt sind. Deutsche Autos haben schließlich weltweit einen sehr guten Ruf und das überträgt sich auch auf unsere Artikel. Wir versuchen auch, möglichst mit regionalen Zulieferern zu arbeiten um unnötige Transportwege zu vermeiden. Das ist teilweise schwierig, denn in den vergangenen Jahrzehnten blieb von der Textilindustrie in Deutschland wenig übrig und wir fühlten uns schon wie die letzten Mohikaner. Mittlerweile setzt ein Umdenken ein. Die Kunden sind sensibler geworden, was manche Herstellungsländer angeht. Viele wollen für ihr Geld einen echten Gegenwert bekommen. Klar sind die hohen Produktionskosten ein Hindernis in Deutschland und Europa. Wir produzieren langlebige Produkte die keinen kurzlebigen Trends unterliegen und so nicht nur ökonomisch sondern auch ökologisch die bessere Alternative sind. Produkte möglichst lange nutzen zu können, sind der beste Weg unsere Umwelt, Resourcen und natürlich auch den Geldbeutel zu schonen.
Dr. Holger Schwarting, Vorstand SPORT 2000 Österreich
Der Produktionsort wird in den Augen der Kunden zunehmend wichtiger. Leider beschäftigt sich derzeit noch eine relativ geringe Zahl aktiv mit diesem wichtigen Thema. In erster Linie ist dieser Trend auf das zunehmende Umweltbewusstsein der Kunden zurückzuführen. Andererseits tragen aber auch negative Medienberichterstattungen wie zB über Kinderarbeit und Arbeitsbedingungen außerhalb Europas verbunden mit der Tatsache, dass Produktionsstätten in Europa stärker überwacht werden, dazu bei. Die Kunden sind bereit, für bessere Qualität mehr zu bezahlen, jedoch nicht bedingungslos ausschließlich für den Hinweis „Made in Europe“. Dieser Trend zu in Europa gefertigten Produkten ist erkennbar – speziell bei Artikeln, die direkt auf der Haut getragen werden. Auch Markenhersteller greifen zunehmend das Thema Nachhaltigkeit auf. Diese Positionierung dringt bis zum Endkonsumenten durch. SPORT 2000 hat zum Thema Nachhaltigkeit die Initiative Green & Fair gestartet, wobei verstärkt mit Lieferantenpartner zusammengearbeitet wird, die auf das Thema Nachhaltigkeit setzen. Die Kunden haben die Gewissheit, dass das Produkt unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wurde. Aus der Sicht des Handels sprechen kürzere Beschaffungszeiten sowie bessere Qualität und Passform für Made in Europe.
Antje von Dewitz, Geschäftsführerin VauDe, Tettnang
Seit 1974 ist VAUDE ein Familienunternehmen mit Sitz am Bodensee. Der „Spirit of Mountain Sports“ , grüner Innovationsgeist, handwerkliche Sorgfalt und eine nachhaltige Unternehmensphilosophie sind der Garant für ein stetiges Wachstum mit aktuell knapp 500 Mitarbeitern am Hauptsitz Obereisenbach. Das Bekenntnis zum Standort Deutschland wurde vielfach ausgezeichnet, beispielsweise im Herbst 2011 mit der Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg für die Geschäftsführerin Antje von Dewitz. VAUDE ist stolz auf seine kleine, jedoch wachsende Produktpalette „Made in Germany“. Seit 1980 wird am Firmenstandort in Obereisenbach Outdoor-Equipment in höchster Qualität gefertigt, seit 1990 mit der speziellen Hochfrequenz-Schweiß-Technologie für wasserdichte Nähte. Diese Kerntechnologie haben wir sukzessive auf verschiedene Produktgruppen ausgebaut, zunächst für wasserdichte Radtaschen, seit 2009 auch für eine modisch orientierte, am Markt sehr erfolgreiche Taschenkollektion, und ganz neu für Rucksäcke. Nach einer Verdoppelung des Produktionsvolumens durch die Made in Germany-Taschen sind heute knapp 30 Mitarbeiter in der Fertigung beschäftigt. Die HF-Schweiß-Technologie setzen wir nun für das Rucksack-Highlight der Kollektion Sommer 13 ein: den Alpin-Rucksack Bulin. Alpine Performance Made in Germany – in einer Limited Edition.
Alle hier gefertigten Produkte sind, wie der gesamte Standort Obereisenbach übrigens seit diesem Jahr komplett klimaneutral.
Andreas Rudolf, Geschäftsführer Sport 2000
“Wir verspüren eine klare Tendenz dazu, dass der Kunde immer mehr hinterfragt, wie und wo die Ware produziert wird. Der Kunde, hier besonders der Outdoor-Kunde, wird im Umgang mit seinem täglichen Konsum immer kritischer. Und das ist gut so. Natürlich wird die Preissensibilität beim Endverbraucher immer hoch sein. Insbesondere dann, wenn es um vergleichbare Artikel ohne Innovationen und Hintergrund geht. Langeweile wird immer dafür sorgen, dass der Preis Vorrang hat.
Wir sehen es als sehr gute Chance an, den Wert wieder vor den Preis zu stellen, wenn der Artikel das hergibt. Hier spielt die Art der Produktion eine wichtige Rolle. Ja, der Verbraucher ist bereit für Produkte aus ” Made in Europe ” mehr zu bezahlen. Aber nur wenn es sich um innovative und nachhaltige Produkte handelt.”
Claudia Pichler, Northland, Graz
Für Produkte aus Europa sprechen generell kürzere Beschaffungswege und auch die der Zulieferer, wie zum Beispiel Vibram. Es herrschen sehr hohe Qualitätsstandards bei der Verarbeitung und Materialien. Auch sind für die Hersteller die Anfahrtswege kürzer, um die Produktion zu überwachen. Die Preisentwicklung bei den Rohmaterialen und der große Zeitfaktor für Neuentwicklungen erschweren oft die Herstellung in Europa. Made in EU hat einen enormen Stellenwert beim Endverbraucher sowie bei den Händlern. Außerdem steht Made in EU für nachhaltige, qualitative und hochwertige Produkte. Das Feedback ist durchwegs sehr positiv über diese Entwicklung und wird auch gerne mit einem höheren VK Preis honoriert.
Reiner Kanzewitsch, der Skandinavier, Coburg
Für die Kunden das Herstellungsland von Outdoor-Artikeln wichtiger geworden.
Viele Verbraucher wissen es zu schätzen, wenn Ware noch in Deutschland oder zumindest in der EU produziert wird. Made in EU ist nicht unbedingt wichtig, aber die Kunden sind sehr erfreut, wenn die Ware nicht aus Asien kommt. Diejenigen, die das zu schätzen wissen, sind auch gerne bereit, etwas mehr zu bezahlen.Aber das sind immer noch sehr wenige. Ein Trend ist es sicherlich nicht, da der Preis nach wie vor äußerst wichtig ist.
Jürgen Siegwarth, Prokurist bei Hanwag
Wir bieten qualitativ sehr hochwertige Berg- und Wanderschuhe, die wir allesamt in Europa herstellen. Genau gesagt schustern wir an unserem Hauptsitz in Vierkirchen sowie in eigenen Produktionen in Kroatien, Ungarn und Rumänien. Die Argumente liegen auf der Hand: Wir können die hohe Qualität sicherstellen. Wir sind schneller und flexibler. Wir können einfacher prüfen, dass alle Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden.“
Lukas und Lars Meindl, Geschäftsführer:
Wir stellen seit Generationen Schuhe von höchster Qualität her. Was als Einmann-Schuhmacherei begann, ist heute ein Unternehmen, das auf eine über 300-jährige Tradition und Erfahrung bauen kann. Schuhe zu machen, ist für uns mehr als ein Geschäft, es ist unsere Leidenschaft – und die zeigt sich bis ins kleinste Detail. Es braucht über 200 Arbeitsschritte, exaktes Augenmaß und jahrelange Erfahrung, bis ein Meindl-Schuh fertig ist. Wir setzen hohe Maßstäbe an uns – und die sehen wir am besten im oberbayerischen Kirchanschöring in unserem Stammhaus und auch in unseren europäischen Fertigungen umgesetzt. Es ist aus unserer Sicht nachhaltig und ökologisch hier zu produzieren, da im europäischen Raum auch unser Hauptabsatzmarkt liegt. Als Fachhandelspartner können wir durch unsere eigene europäische Produktion schneller auf Marktgegebenheiten und Nachfragen reagieren und somit auch die Lieferfähigkeit erhöhen. Wirtschaftlichkeit und Umweltbewusstsein müssen einander nicht ausschließen. Wir von Meindl sind uns unserer Verantwortung bewusst. Als traditionsreiches Familienunternehmen sehen wir den respektvollen Umgang mit Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, als eines unserer wichtigsten Grundprinzipien. Wir fühlen uns unserer Tradition verpflichtet, unserer Heimat und den Menschen, die hier leben. Auch deshalb investieren wir noch in diesem Jahr erneut in unser Stammhaus und bauen in Kirchanschöring eine neue Logistikhalle, damit wir künftig unsere Kunden weltweit noch besser und schneller beliefern können.
Bo Hilleberg (Head of Production)
Wir hatten bisher immer unsere Produktion in Europa. Die Nähe zu unserer Fabrik in Estland ist der Hauptgrund, warum wir entschieden uns, dort zu produzieren. Estland ist ein Land mit hohem Textil-Know-how. Die Nähe zum europäischen Markt ist ein großer Vorteil. Früher war es teurer in Estland als in Asien zu fertigen, aber heute sind die Herstellungskosten bei den Zelten ungefähr die gleich hoch wie zum Beispiel in China. Wir haben nur Erfahrungen mit der Fertigung in den baltischen Ländern und können keine Kommentare abgeben, wie es ist im Rest von Europa ist. Die Produktion in Europa wird in der Regel positiv gesehen, aber es ist schwer zu bestimmen, ob es irgendeinen Einfluss auf die Entscheidung Käufer hat. Für uns als Marke mit Produktion in Europa ist es ein Vorteil. Wir sind davon überzeugt, dass Europa als Produktionsstandort eine Zukunft hat.