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Kinder und Vulkane “Astroalex hat seine Doktorarbeit über Vulkane geschrieben”

Kinder und Vulkane ziehen sich an, wie ein Magnet die Eisenspäne. Warum haben sie so ein Interesse an Vulkanen? Über die Feuerberge haben wir den Vulkanologen Professor Hans-Ulrich Schmincke und Doktor Mari Sumita befragt. Beide haben im Natur und Tier-Verlag ein lesenswertes Buch für Kinder geschrieben “Entdecke die Vulkane”. Bei den Antworten der beiden Experten kommen auch wir Erwachsene ins Staunen und Grübeln.

Es stinkt, und zwar gewaltig. Wie ein Güllefaß, das zwei Wochen in der prallen Augustsonne stand. Immer wieder ziehen Schwaden zu mir herüber und mir bleibt die Luft fast weg. Ich bin am Qixing Mountain 七星山 im Yangmingshan Nationalpark 陽明山國家公園 unterwegs. Das Reservat befindet sich nördlich von Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan. Auf den 1.120 Meter hohen Berg mit seinen sieben Gipfeln will ich steigen. Durch dichte Bambuswälder führt mich der Weg und der Schweiß läuft in diesem tropischen Klima an mir runter, wie ein Wasserfall im Yangminshan Nationalpark. Plötzlich erreichen mich diese Schwaden und meine Nase hat einen besonders schlechten Tag. Der Quixing Mountain, zu deutsch “sieben Sterne Berg” weil er sieben Gipfel hat, ist ein ehemaliger Vulkan. Aus manchen Spalten um seinen Kegel strömen diese Schwefelschwaden heraus. Für Vulkanologen, wie es Dr. Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke sind, gehört so was zum Forscherleben. Ihr Wissen über diese faszinierenden Feuerberge, die es auch in Deutschland gibt, haben die zwei anerkannten Experten in ein Kinderbuch gepackt.

Kinderoutdoor.de Achtung es folgt ein Zungenbrecher: Der Popocatépetl, der Kilauea, Gunung Agung und der Fuji-san haben zwei große Gemeinsamkeiten: Es sind Vulkane und heilige Berge. Warum verehren die Menschen eigentlich Vulkane?

 Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke: Also der Popocatepetl ( in Mexico kurz“Popo“ genannt) und die anderen genannten aktiven Vulkane sind sehr große imposante Berge. Einige brechen sehr häufig mit großen Lavafontänen oder Lavafluten aus wie der Kilauea auf der Insel Hawaii, auch gerade im Augenblick mit dramatischen Bildern. Die indigene, also ursprüngliche Bevölkerung rings um diese Vulkanbauten verehrt großartige Naturerscheinungen, die sich manchmal dramatisch und mit großem Getöse bemerkbar machen. Zwei von ihnen, der Fuji-san, wie man den heiligen Berg in Japan nennt, und der Popo sind auch die höchsten Berge in ihren Heimatländern Japan und Mexiko. Einerseits verehrt man diese Vulkane, weil man sie für Götter hält und bringt ihnen wie in Java oder Bali Opfergaben, um sie zum besänftigen. Diese Opfer dienen auch dazu, um sie zu besänftigen, weil man natürlich Angst vor riesigen möglicherweise gefährlichen Vulkanausbrüchen hat.

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Vulkane sind im Prinzip Stellen, an denen aus größeren Erdtiefen Magma, also geschmolzenes Gestein aufdringt. Die Erde unter Vulkanen ist im Prinzip fest und besteht aus unterschiedlichen Gesteinen.
foto (c) ms verlag

Kinderoutdoor.de Derzeit sind die Vulkane Kilauea und Mount Fuego aktiv. Was genau ist so ein Feuerberg und wie „funktioniert“ ein Vulkan?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Vulkane sind im Prinzip Stellen, an denen aus größeren Erdtiefen Magma, also geschmolzenes Gestein aufdringt. Die Erde unter Vulkanen ist im Prinzip fest und besteht aus unterschiedlichen Gesteinen. An manchen Stellen steigt aus Tiefen von vielen Kilometern heißes Gestein aus dem Erdmantel auf, das beim Aufstieg etwas schmelzen kann. Diese flüssige Gesteinsschmelze kann dann an einigen Stellen an der Erdoberfläche ausbrechen.Der Kilauea und der Volcan Fuego in Guatemala sind ganz unterschiedliche Typen von Vulkanen. Während aus dem Kilauea meistens Lavafluten entlang von Spalten herausfließen, ist der Fuego hochexplosiv. Die Zerstörungen am Fuße des Fuego in den letzten Wochen entstanden nicht durch Lavaströme wie die Medien berichteten sondern durch Glutlawinen. Das sind heiße am Boden und vor allem in Tälern entlangschießende turbulente Mischungen von heißen Gasen und bei der Explosion im Krater entstandenen winzig kleinen Lavafetzen. Die kleinen Teilchen werden von Vulkanologen Asche genannt. Da auch die Menschen am Hang des Vulkans in Tälern siedeln, sind heiße Aschenwolken besonders gefährlich.

Kinderoutdoor.de Auch unter Wasser gibt es Vulkane. Das GEOMAR Institut hat 2016 einen submarinen Vulkan vor El Hierro erkundet. Wie gehen die Forscher dabei vor? Schicken sie Taucher runter?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Fast alle Inseln in den Ozeanen sind Vulkane, so auch die Kanarischen Inseln, Hawaii, Island undsoweiter. Auf den Flanken von jungen Vulkaninseln – sowohl an Land wie unter Wasser – entstehen häufig neue kleine Vulkane so wie vor einigen Jahren auf der Vulkaninsel El Hierro. Viele meereskundliche Forschungsinstitute wie das Geomar in Kiel besitzen bemannte und unbemannte kleine Tauchboote. Mit einigen kann man bis in mehrere 1000 m Tiefe tauchen. Durch ein Fenster kann man so den Untergrund genau beobachten und vermessen und sogar mit einem Greifarm Proben nehmen.

Kinderoutdoor.de Das Tauchboot Jago hat vor der Kanareninsel auch Proben genommen. Welche Arten von Proben sind das und welchen Nutzen ziehen die Experten daraus?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Da Ozeaninseln wie El Hierro vor allem aus dem vulkanischen Gestein Basalt bestehen aber Basalt eine große Gesteinsfamilie darstellt mit vielen Untertypen in chemischer und mineralogischer Zusammensetzung, kann man aus ihrer Zusammensetzung, die man im Labor misst, etwas über die Entstehungsgeschichte der Insel lernen und auch vielleicht etwas über ihre weitere Entwicklung.

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:”Im Buch Entdecke die Vulkane haben wir ja im letzten Kapitel beschrieben wie man zu einem Vulkanforscher werden kann.”
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Kinderoutdoor.de Was die Kinder auch interessiert: Wie können sie zum Vulkanforscher werden und was arbeitet so ein Wissenschaftler eigentlich?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Im Buch Entdecke die Vulkane haben wir ja im letzten Kapitel beschrieben wie man zu einem Vulkanforscher werden kann. Nach dem Abitur, also dem Ende der höheren Schule, kann man an einer Universität Erdwissenschaften studieren. Dann hat man die Auswahl zwischen ganz verschiedenen Teilwissenschaften. Man kann Fossilien studieren, ganz kleine, sogenannte Einzeller oder ganz große wie die Dinosaurier. Man kann Sedimentgesteinskunde studieren, z.B solche in denen Erdöl entsteht, oder Geochemie oder Geophysik oder Mineralogie. Der Weltraumwissenschaftler Alexander Gerst, „Astroalex“ z.B. hat Geophysik studiert und seine Doktorarbeit über einen Vulkan geschrieben.

Kinderoutdoor.de Welche Arten von Vulkanen gibt es und wo sind diese zu sehen?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Die meisten Vulkane auf der Erde sind kleine Schlackenkegel, von denen es sehr viele in der Eifel in Deutschland gibt. Rings um den Pazifik, von Chile im Süden von Südamerika über Mittelamerika und Alaska im Norden bis Japan, Philippinen, Indonesien und Neuseeland am anderen Ende des pazifischen Feuerrings sind die großen, besonders explosiven Schichtvulkane entstanden. In Europa ist auch der Vesuv in Italien ein explosiver Schichtvulkan. Die allermeisten Vulkane allerdings sind am Boden der Ozeane entstanden, vor allem an den mittelozeanischen Rücken. Die große Vulkaninsel Island z.B. ist über dem mttelatlantischen Rücken entstanden.

Kinderoutdoor.de In Ihrem Buch „Entdecke die Vulkane“ haben Sie auch das Kapitel: Wohltaten der Vulkane. Das bringt jetzt ein Weltbild ins Wanken, schließlich denken die meisten bei einem Feuerberg nur an gewaltige Ströme aus Magma, die alles vernichten. Wie kann ein Vulkan positives für die Natur und die Menschen bewirken?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Vulkane sind in allererster Linie schöne, eindrucksvolle, manchmal riesige Berge in der Natur. Zweitens sind sie Boten aus den Tiefen der Erde, dort wo das Magma entsteht. Sie zeigen drittens, dass unsere Erde nach wie vor nicht tot sondern im Inneren noch sehr lebendig ist und uns ahnen lässt, wie unsere Erde, also unser Lebensraum überhaupt entstanden ist. Darum wird sie häufig Mutter Erde genannt, der man mit Ehrfurcht begegnet und deren Oberfläche wir mit Sorgfalt behandeln sollten Nur ganz wenige Vulkane sind wirklich gefährlich. Heutzutage werden diese Vulkane gut überwacht. Vulkanausbrüche kündigen sich meist mehrere Wochen vorher an, sodaß Menschen rechtzeitig evakuiert werden können.

Kinderoutdoor.de Wo gibt es in Deutschland Vulkane und wie groß ist die Gefahr, dass diese ausbrechen?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:In der Eifel zwischen Koblenz, Trier und Daun gibt es viele Hundert Vulkane, meistens Schlackenkegel. Aber auch eindrucksvolle wassergefüllte Krater wie den Laacher See oder die Maare in der Westeifel. Viele dieser Vulkane kann man besichtigen und auch Proben von den Gesteinen sammeln.

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schminke:”Vor 13 000 Jahren brach der Große Laacher See Vulkan aus, dessen Bimssteine und Aschen bis nach Schweden im Nordosten und Norditalien im Süden geweht wurden.”
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Kinderoutdoor.de Wann gab es in Deutschland zum letzten Mal einen Vulkanausbruch?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Vor 13 000 Jahre brach der Große Laacher See Vulkan aus, dessen Bimssteine und Aschen bis nach Schweden im Nordosten und Norditalien im Süden geweht wurden. Sein Ausbruch war ähnlich aber größer als der des Vesuvs im Jahre 79 n.Chr. Zweitausend Jahre später, vor etwa 11000 Jahren brach ein kleiner explosiver Vulkan in der Westeifel aus, das Ulmener Maar. Ob und wann ein neuer Vulkan in der Eifel ausbrechen wird, also in ein paar Jahrzehnten oder Jahrtausenden, kann man nicht seriös vorhersagen. Man kann sagen, dass der Vulkanismus in der Eifel nur schläft

Kinderoutdoor.de Überwacht jemand die Magmakammern in unserem Land und wie tun sie das?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Magmakammern kann man nicht eigentlich überwachen, weil viele Vulkane keine eigentlichen Magmakammern haben. Das Magma kommt aus größeren Tiefen, etwa 30 km oder mehr. Was man überwacht sind vor allem Erdbeben oder Anhebung des Erdbodens oder Entweichen von magmatischen Gasen.

Kinderoutdoor.de Zum Schluss eine Frage, die wir jeden unserer Interviewpartner stellen: Was ist Ihr ultimativer Outdoor Tipp für Familien? Wo sollten diese unbedingt einmal gewesen sein und warum?

Doktor Mari Sumita und Professor Hans-Ulrich Schmincke:Einen „ultimativen Tipp für Familien zu geben ist sehr schwer. Bei Touristen, die sich für Vulkane interessieren, sind besonders beliebt in der Osteifel, also in der Nähe des Rheins und der Städte Koblenz und Andernach, das engere Laacher See Gebiet, das jedes Jahr von über 1 Million Touristen besucht wird. Man kann den Laacher See auf einem schönen Wanderweg umrunden, sich angucken, wie am Ostufer noch Gase aus der Tiefe aus dem Wasser sprudeln oder die berühmte romanische Kirche der Abtei Maria Laach besuchen. In der Westeifel ist das Gebiet um die Maarseen in der Umgebung von Daun besonders attratktiv. Ein anderes beliebtes Ziel für die Touristen sind die Kanarischen Inseln, die alle aus großen und kleinen Vulkanen bestehen. Die beiden jüngsten Vulkanausbrüche an Land waren 1949 und 1971 auf La Palma. Junge, also historische Vulkanausbrüche kann man vor allem auf Tenerife besuchen. Einer der größten Vulkanausbrüche in historischer Zeit fand zwischen 1730-36 auf Lanzarote statt. Andere Ziele für Vulkanenthusiasten sind natürlich Island und Italien (Vesuv und Ätna z.B.).

 

Vielen Dank für das Interview